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Müssen wir uns trennen? Wer sich für eine Trennung entscheidet, macht sich die Entscheidung (meist) nicht leicht. Eine endgültige Trennung aussprechen fällt schwer, auch wenn in der Beziehung nichts mehr geht: Warum ist das eigentlich so?

Soll ich mich trennen?

Die Frage „Wann sollte man sich trennen?„, ist selbstverständlich ein Warnzeichen, dass die Beziehung nicht mehr rund läuft. Aber ist der Gedanke an Trennung bereits das sichere Beziehungsaus? Eine Trennungsentscheidung sollte man sich nicht leicht machen. Denn jede Liebe ist es wert, dass man sich um sie bemüht. Gleichzeitig schieben manche Menschen die Entscheidung quälend lange auf und verletzen damit sich und den Partner mehr als nötig.

Was sind die Gründe, warum eine Trennung so verdammt schwerfällt?

  • Zunächst ist Trennung evolutionär etwas, das Bedrohlich wirkt. Wer früher ausgestoßen oder allein gelassen wurde, konnte nicht überleben. Entsprechend reagieren Menschen mit Schock und traumatischen Belastungsstörungen. Das will man weder sich noch dem ehemals geliebten Partner leichtfertig antun.
  • Dann kommt es auf die Gesamtbilanz des Paares an: Ich erlebe in der Paarberatung häufig, beispielsweise wenn es um Untreue oder eine Affäre geht, dass sehr lange von den Partnern abgeglichen wird, ob nicht die guten Erfahrungen überwiegen und die gemeinsam erreichten Ziele wichtiger sein könnten als die Kränkung und der Betrug: nicht nur gemeinsame Kinder oder geschaffener Besitz, auch gemeinsame Erlebnisse zählen dazu.
  • Ein wichtiger Aspekt: die Gewöhnung an typische Beziehungsprobleme. Menschen passen sich schnell und gut an. Sogar in unglücklichen Beziehungen höre ich Partner oft sagen: „Hier kenne ich die Probleme und weiß, mit ihnen umzugehen, In einer neuen Beziehung tausche ich nur die Konflikte und muss neu lernen.“
  • Emotionale Abhängigkeit kann eine Rolle spielen, vielleicht sind die Betroffenen Ko-Abhängige in einer emotional abhängigen Beziehung – aber das lässt sich nur im Einzelfall beantworten. Jeder Einzelfall erzählt oft eine für Außenstehende ganz klare Botschaft: „Schluss machen! Schütze dich! Geh!“ Aber warum die nicht bei den Betroffenen durchdringt, das ist sehr individuell.
  • Ein letztlich positiver Aspekt ist die Hoffnung, dass sich der Konflikt (oder der Partner) doch noch ändern würden. Solange die Partner nicht zu lange zu vergeblich hoffen, ist das okay. Häufig ist diese Hoffnung jedoch schon so oft enttäuscht worden, dass das Abwarten letztlich zur Qual wird.
  • Wer viel reflektiert, sucht die Schuld an den Beziehungsproblemen nicht nur beim Partner. Selbstzweifel über den eigenen Anteil an den Beziehungsproblemen verhindern vorschnelle Reaktionen natürlich. Doch man kann Dinge auch „zer“-denken.
  • Und dann sind da natürlich die Liebe und die Bindung zum Partner, die sich nicht wie ein Lichtschalter ausknipsen lassen. Der Wunsch, die zeit zurückzudrehen und wieder glücklich verliebt sein zu können, der geht nicht so einfach weg. Liebeskummer wurde lange unterschätzt und belächelt. Heute weiß man, dass ein Broken Heart Syndrom gefährlich werden kann.
  • Existentielle Gründe: Eine Trennung kann teuer zu stehen kommen. Wie geht es das Leben weiter, wenn aus einem Haushalt zwei werden und wer zahlt das zweite Sofa, den zweiten Tisch, das zweite Bett? Der Partner, der weniger verdient, steht vielleicht vor dem materiellen Nichts.
  • Gemeinsame Kinder machen eine Trennung sicher nicht leichter. „Wir möchten unseren Kindern keine kaputte Familie antun. Sie sollen keine Scheidungskinder werden.“ Die Absicht dahinter ist klar: Der Wunsch, das Beste für die Kinder zu bieten. Doch ich warne davor zu denken, das Aufrechterhalten einer zerrütteten Partnerschaft würde Kinder weniger belasten getrennte Elternteile, die glücklich werden. Wer sich trennt, zeigt auch, dass man sich nicht mit einer unglücklich machenden Situation abfinden muss. Dass man nicht alles ertragen muss. Und seinen Kindern etwas vorspielen, das bringt sowieso nichts. Sie merken es sowieso und sie werden ihren Eltern irgendwann vorwerfen, angelogen und betrogen worden zu sein.
  • Zuletzt ein seltener, aber umso wichtiger Grund, die Trennung nicht durchzuführen: Angst. Viele Frauen müssen Gewalt oder Schlimmeres befürchten, wenn sie sich trennen. Sie benötigen Unterstützung und Schutz.

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Was beeinflusst die Entscheidung, eine Beziehung aufrechtzuerhalten?

Der Optimist in mir sagt: vor allem die Hoffnung auf eine Verbesserung. Aber der Realist sagt auch: Damit sich etwas verbessern kann, muss sich etwas verändern. Und nicht selten ist eine glückliche Beziehung leider nur mit einem anderen Partner möglich. Dann ist die Trennung die notwendige Veränderung, um Raum im Leben und auch im Herzen zu schaffen für eine neue Beziehung.

Wann ist es falsche Rücksichtnahme und Mitleid und keine Liebe mehr?

Sehr selten ist es das nach meiner Erfahrung, aber natürlich gibt es das. Das wird aber vor allem vorgeschoben, um sich selbst zu erhöhen und moralisch integer fühlen zu können. „Ich habe mich nicht getrennt, um meinen Partner nicht zu verletzen.“ Das ist nicht Mitleid, sondern Selbstmitleid. Das Leben ist zu kurz für unglücklich machende Beziehungen und meist steckt dahinter auch vor allem Furcht vor den Reaktionen des Partners, mit denen man lieber nicht konfrontiert würde.

Warum stellen diese Menschen eigene Wünsche und Vorstellungen hinter die Bedürfnisse des Partners?

Das tun sie oft gar nicht wirklich. Sie geben das zwar vor und sicher glauben viele das auch. Doch aus der Distanz betrachtet, sie machen das, weil sie in der Abwägung Gehen oder Bleiben einen wie auch immer gearteten Vorteil im Bleiben vermuten. Es geht vielmehr um Angst vor dem Neuen. So schrecklich das Bewährte sein mag: Diese Beziehungskrise wirkt vertraut, man kann sich in seiner so genannten Komfortzone arrangieren – obwohl die oft von außen betrachtet keine Spur komfortabel ist. Diesen Menschen ist oft der Selbstwert schwer verletzt worden und sie benötigen Hilfe und Unterstützung, den wiederaufzubauen und dann auch selbstbewusst Grenzen ziehen zu können. Wer beispielsweise in eine emotionale Abhängigkeit geraten ist, hält oft lange Zeit die dysfunktionale Dynamik, die Manipulationen und die Drohungen für eine Form von Liebe.

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Wo kann man sich Hilfe holen, wann man sich trennen will, es aber nicht schafft?

Es gibt in den größeren Städten für Opfer häuslicher Gewalt Anlaufstellen für Frauen und Männer. Viele Psychologen und Therapeuten bieten heute auch Trennungsbegleitung an. Paartherapie ist natürlich anzuraten, solange beide Partner bereit sind, ihrer Beziehung noch eine Chance zu geben. Hat jedoch einer bereits innerlich aufgekündigt, ist Mediation anzuraten, um die Trennung zu erleichtern und damit auch – und das ist sehr wichtig für die Zukunft der Betroffenen – den Mut und das Vertrauen in Liebesbeziehungen zu erhalten, sonst entsteht vielleicht eine Bindungsangst, um nur nicht wieder verletzt zu werden. Um sich überhaupt erst einmal Klarheit zu verschaffen, ob die Trennung nötig ist, gibt es reichlich seriöse Literatur. Ich selbst habe basierend u.a. auf Studien von John Gottman, Sue Johnson und Amir Levine sowie Erkenntnissen der Integrativen und der Emotionsfokussierten Paartherapie einen Online Beziehungstest entwickelt. In fünf Tests mit über 200 Fragen wird hier beantwortet: Wie gut kennen Sie Ihren Partner? Sind Sie glücklich in Ihrer Beziehung? Wie erleben Sie Ihre Beziehung? Wie sind Ihre Chancen? Ist Ihre Beziehung beständig? Die Fragen sind so gewählt, dass sie Sie einladen, Ihre Beziehung aus neuen, ungewohnten Perspektiven zu betrachten, so dass Ihnen Ihre Entscheidung am Ende leichter fallen wird.

Wie bleiben Sie beim Schluss machen fair?

Trennen Sie sich so, wie Sie es sich im umgekehrten Fall für sich wünschen würden. Das klingt sehr vereinfacht, aber es spiegelt durchaus die wichtigsten Gedanken wieder:

  • Seien Sie sich sicher über Ihre Entscheidung
  • Seien Sie ehrlich
  • Sagen Sie es persönlich

Eine Trennung ist schon schmerzhaft genug. Machen Sie sie nicht durch respektloses Verhalten noch schmerzhafter. Und auch in dem Fall, dass Ihr (Ex-)Partner sich respektlos Ihnen gegenüber verhalten hat, können Sie ihm (oder ihr) durch Ihren Respekt noch einmal zeigen, was Not getan hätte.

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Eric Hegmann ist Paartherapeut, Single-Coach und Autor. Er hat über ein Dutzend Bücher zu Liebe, Partnerschaft und Partnersuche veröffentlicht. Er ist Co-Gründer der Modern Love School .

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